Die Lobbyisten haben in Brüssel ihren Druck auf die EU verstärkt: In einer konzertierten Aktion fordern verschiedene Verbände einen bedingungslos positiven Umgang mit den Produkten von Monsanto & Co. Einen ersten Erfolg können sie bereits mit der Zulassung einer neuen Gen-Mais-Sorte von Monsanto vermelden. Die aktuellen Schlachten sind die Vorbereitungen auf eine Groß-Offensive in der EU
Die große Schlacht um den europäischen Lebensmittelmarkt steht bevor.Monsanto und die Gentechnik-Industrie sind bestens gerüstet – und hoffen auf die Zermürbung der müden Kämpfer in Europa. (Foto: dpa)
Nach dem europäischen Volksaufstand gegen die geplante Regulierung des Saatguts in privaten Gärten (hier) und dem Rückzieher der EU (hier) herrscht in Brüssel Verunsicherung: Die Durchsetzung ihrer Interessen in Brüssel war für die Landwirtschafts-Lobby war in den vergangenen Monaten kein Selbstläufer mehr.
Daher bläst die Industrie nun zum Gegenangriff.
In einer konzertierten Aktion soll der EU klar gemacht werden, dass die Kritik an der Gen-Technik von Ahnungslosen vorgetragen wird.
Die korrupte Wissenschaft bestätige dagegen die Richtigkeit der geschäftspolitischen Ziele Aussagen der Konzerne.
Die Agrar-Organisationen haben geharnischte Briefe an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Parlamentspräsident Martin Schulz und Ratspräsident Herman Van Rompuy geschrieben in denen sie sich über die Verschärfung der Vorschriften beschweren. In den Schreiben behaupten die Lobbyisten, dass die wissenschaftlichen Belege über die Sicherheit der Gentechnik in der Landwirtschaft ständig wachsen.
Obwohl in der ESFA schon viele von der Industrie eingeschleuste Leute sitzen, würden in der EU Entscheidungen verschleppt – nachdem die EFSA die Unbedenklichkeit der Produkte bescheinigt habe. Noch einmal schießen die Verbände in ihren konzertierten Schreiben gegen die Monsanto-Kritiker und diffamieren im Vorübergehen die Monsanto-kritische Séralini-Studie (mehr dazu und zur Unterwanderung der EU durch Monsanto hier).
Die Lobbyisten, zu denen die deutsche Fördergemeinschaft InnoPlanta und der britische Bauernverband zählen, rufen die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten auf, „eine breitere, ganzheitlichere und langfristigere Sichtweise der Agrarproduktion“ anzunehmen und die Gentechnikvorschriften entsprechend anzupassen.
Das Drängen der Verbände fand offenbar bereits Gehör bei der EU.
In dem für die Genehmigung für neuen-Sorten zuständigen Berufungsausschuss der EU gab es bei der Abstimmung über die Zulassung einer neuen Sorte Monsanto-Genmais keine Mehrheit. Deutschland enthielt sich dabei der Stimme. Dadurch wird die Europäische Kommission eigenmächtig über die Zulassung einer weiteren Sorte Genmais entscheiden können (mehr hier).
Damit liegt der Ball außerhalb des demokratischen Spielfelds.
Die EU beugt sich damit wieder dem massiven Einfluss der Gen-Lobby.
Es geht erneut um eine Pflanzensorte aus dem Monsanto-Labor: den „trockentoleranten MON87640-Mais“. Durch ein zusätzlich eingeführtes Gen kann dieser Mais Wassermangel besser verkraften, ohne Erträge einzubüßen, so die Hersteller Monsanto und BASF. Seit diesem Jahr kann die Sorte in den USA kommerziell erworben werden.
Der neue Genmais muss nach Angaben des Herstellers nicht mehr gewässert werden, da er „trockentolerant“ ist. Die neueste Kreation aus dem Monsanto-Labor steht kurz vor der Markteinführung in Europa. (Foto: dpa)
Der Fall ist auch deswegen interessant, weil Monsanto nach der jüngsten Protestwelle der
Öffentlichkeit mit der Aussage an der Nase herumgeführt hatte, man wolle sich aus Europa zurückziehen. Etwas
weltfremde Medien wie die taz waren der Propaganda aufgesessen und hatten das Ende von Monsanto in Europa ausgerufen (
mehr hier).
Tatsächlich ist Monsanto aktiver denn je.
Das zeigt sich vor allem in der Unterwanderung der Zulassungs-Behörden.
Die Konzerne haben still und heimlich in der Aufsicht die Mehrheit übernommen.
Mehr als die Hälfte der 209 Experten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (ESFA) sollen direkte oder indirekte Verbindungen zu der Gen-Industrie haben, die sie eigentlich kontrollieren sollen, so Corporate Europe Observatory (CEO).
CEO, eine Nichtregierungsorganisation, ermittelte insgesamt 460 Interessenskonflikte unter den Experten der ESFA. Die Wissenschaftler überführten sich sozusagen selbst, denn als Quelle dienten ihre selbst getätigten Aussagen.
In den vergangenen Jahren verbannte die ESFA bereits 85 Experten aus ihren Arbeitsgruppen wegen diverser Interessen-Konflikte.
Die aktuelle Offensive der Konzerne setzt darauf, dass die Gegner der Gentechnik bei Lebensmitteln zermürbt werden. Die jüngsten Demonstrationen haben Monsanto & Co. ermuntert: Es war keine Revolution auf den Straßen Europas, die die Gentechniker erschreckt hätte.
Hinter dem aggressiven Vorgehen der Gen-Lobby steht eine langfristige Strategie: Mit dem neuen Freihandels-Abkommen der EU mit Kanada bietet sich für Monsanto die Möglichkeit, die EU flächendeckend zu überrollen (mehr dazu hier).
Hier winkt das große Geld.
Und Monsanto wird es sich holen.
Wir erleben die ersten kleinen Gefechte, die als Vorbereitung auf die große Schlacht um das Saatgut in Europa geführt werden.
Die Bürger sollten auf der Hut sein.
Die EU wird ihre Bürger nicht verteidigen.
Im Gegenteil.
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