11.11.2021, 19:34
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Was macht einen Mystiker heute aus?
03.11.2021
Der Benediktinerpater Anselm Grün gilt als moderner Mystiker. Im Interview verrät er, was er selbst von dem Titel hält und spricht über die Bedeutung und Chancen der Mystik.
mk online: Viele bezeichnen Sie als großen Mystiker. Wie sehen Sie das selbst?
Pater Anselm Grün: Ich würde mich nicht als Mystiker bezeichnen. Das Wort wäre zu groß für mich. Man kann mit solchen Begriffen nicht angeben. Ich interessiere mich für die Mystik und die Erfahrungen der Mystiker. Und ich versuche, in der Stille und in der Meditation an die Erfahrungen heranzukommen, die die Mystiker gemacht haben. Manchmal darf ich dankbar etwas spüren von der Erfahrung, die hinter den Worten der Mystiker stehen.
mk online: Zusammen mit dem prominenten muslimischen Religionsphilosophen Milat Karimi haben Sie das Buch „Im Herzen der Spiritualität“ geschrieben, in dem Sie aufzeigen, wie sich Christen und Muslime auf Augenhöhe und im gemeinsamen Dialog begegnen können. Inwiefern kann Mystik die Grenzen der Religionen überwinden?
Pater Anselm: Mystiker sind schauende Menschen. Und Schauen – so sagt Martin Heidegger – führt in die Freiheit. Die Mystik zielt auf die spirituelle Erfahrung. Und der Grund der spirituellen Erfahrung ist in den verschiedenen Religionen ähnlich. Da kann man sich gegenseitig verstehen. Da will man den anderen nicht belehren, sondern man ist neugierig, wie der andere Gott und sich selbst erfährt.
Natürlich ist die Deutung der Erfahrung in den verschiedenen Religionen anders. Man soll auch keine Einheitsreligion entwerfen. Vielmehr haben wir Verständnis für die Erfahrungen und Deutungen anderer Religionen. Aber dann sind wir herausgefordert, unsere eigene christliche Deutung zu geben. Aber wir sollten sie so erklären, dass Vertreter anderer Religionen sie verstehen. Verstehen heißt noch nicht, sie zu übernehmen. Aber wenn wir uns gegenseitig verstehen, können wir auch zu uns stehen.
mk online: Wo sehen Sie in unserer modernen Zeit Orte und Chancen für Spiritualität und Mystik?
Pater Anselm: Die Menschen sehnen sich heute nach spiritueller Erfahrung. Bekannt ist ja das Wort von Karl Rahner: „Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein. Oder er wird nicht mehr sein.“ Es genügt nicht, Menschen religiös zu belehren. Sie wollen Wege in die spirituelle Erfahrung finden. Und dabei ist die Mystik mit ihrem großen Reichtum an Erfahrung eine gute Hilfe.
Die Mystik weiß, dass Gott jenseits aller Worte und Bilder ist. Gott – so sagt Karl Rahner – ist das unbeschreibliche und unbegreifliche Geheimnis. Aber zugleich können wir sagen, dass Gott Liebe ist, Liebe, nach der wir uns alle sehnen, aber eben eine unbegreifliche Liebe, mit der wir nie zu Ende kommen mit all unseren Erklärungsversuchen.
(Interview: Florian Ertl, stellv. MK-Chefredakteur, und Katharina Zöpfl, MK-Redakteurin)
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Was macht einen Mystiker heute aus?
03.11.2021
Der Benediktinerpater Anselm Grün gilt als moderner Mystiker. Im Interview verrät er, was er selbst von dem Titel hält und spricht über die Bedeutung und Chancen der Mystik.
mk online: Viele bezeichnen Sie als großen Mystiker. Wie sehen Sie das selbst?
Pater Anselm Grün: Ich würde mich nicht als Mystiker bezeichnen. Das Wort wäre zu groß für mich. Man kann mit solchen Begriffen nicht angeben. Ich interessiere mich für die Mystik und die Erfahrungen der Mystiker. Und ich versuche, in der Stille und in der Meditation an die Erfahrungen heranzukommen, die die Mystiker gemacht haben. Manchmal darf ich dankbar etwas spüren von der Erfahrung, die hinter den Worten der Mystiker stehen.
mk online: Zusammen mit dem prominenten muslimischen Religionsphilosophen Milat Karimi haben Sie das Buch „Im Herzen der Spiritualität“ geschrieben, in dem Sie aufzeigen, wie sich Christen und Muslime auf Augenhöhe und im gemeinsamen Dialog begegnen können. Inwiefern kann Mystik die Grenzen der Religionen überwinden?
Pater Anselm: Mystiker sind schauende Menschen. Und Schauen – so sagt Martin Heidegger – führt in die Freiheit. Die Mystik zielt auf die spirituelle Erfahrung. Und der Grund der spirituellen Erfahrung ist in den verschiedenen Religionen ähnlich. Da kann man sich gegenseitig verstehen. Da will man den anderen nicht belehren, sondern man ist neugierig, wie der andere Gott und sich selbst erfährt.
Natürlich ist die Deutung der Erfahrung in den verschiedenen Religionen anders. Man soll auch keine Einheitsreligion entwerfen. Vielmehr haben wir Verständnis für die Erfahrungen und Deutungen anderer Religionen. Aber dann sind wir herausgefordert, unsere eigene christliche Deutung zu geben. Aber wir sollten sie so erklären, dass Vertreter anderer Religionen sie verstehen. Verstehen heißt noch nicht, sie zu übernehmen. Aber wenn wir uns gegenseitig verstehen, können wir auch zu uns stehen.
mk online: Wo sehen Sie in unserer modernen Zeit Orte und Chancen für Spiritualität und Mystik?
Pater Anselm: Die Menschen sehnen sich heute nach spiritueller Erfahrung. Bekannt ist ja das Wort von Karl Rahner: „Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein. Oder er wird nicht mehr sein.“ Es genügt nicht, Menschen religiös zu belehren. Sie wollen Wege in die spirituelle Erfahrung finden. Und dabei ist die Mystik mit ihrem großen Reichtum an Erfahrung eine gute Hilfe.
Die Mystik weiß, dass Gott jenseits aller Worte und Bilder ist. Gott – so sagt Karl Rahner – ist das unbeschreibliche und unbegreifliche Geheimnis. Aber zugleich können wir sagen, dass Gott Liebe ist, Liebe, nach der wir uns alle sehnen, aber eben eine unbegreifliche Liebe, mit der wir nie zu Ende kommen mit all unseren Erklärungsversuchen.
(Interview: Florian Ertl, stellv. MK-Chefredakteur, und Katharina Zöpfl, MK-Redakteurin)