27.05.2012, 17:00
Die Weiße Kobra
Der Traum von der Kobra
Eine weiße Schlange liegt in meiner Hand. Sie ist sehr jung, lang und dünn. Ich schaue sie an und etwas in mir weiß, dass es eine Kobra ist, die nun sehr schnell wachsen wird.
Mein anfangs zärtliches Gefühl zu diesem Geschöpf wird von einer Angstwelle fortgespült. Angst und uralte Aggressionen paaren sich erneut und sagen: „Sie wird gefährlich sein, wenn sie groß ist. Töte sie jetzt!“
Keinesfalls will ich sie töten, doch mich von ihr befreien. Voller Angst werfe ich sie in einen Raum, schlage die Tür zu und drehe den Schlüssel im Schloss um. Die Wand zu diesem Raum besteht aus Holz und Glas.
Daher kann ich sehen, was drinnen geschieht. In dem Augenblick, da die Schlange auf den Boden fällt, beginnt es um sie herum von Spinnen, Ameisen, Asseln und kleinen Skorpionen nur so zu wimmeln. Sie quellen und krabbeln in Massen aus allen Ritzen des Bodens hervor.
Helles Entsetzen ergreift mich. Es werden immer mehr. Dann sehe ich, dass unter der Holzwand ein Spalt offen ist, durch den die ersten Spinnen bereits in meinen Raum krabbeln, direkt auf mich zu.
Voller Panik trete ich sie tot und rufe nach dem Hausbesitzer, er möge mir helfen, den Spalt zu verkleben. Doch auf die letzten Zentimeter reicht das Band nicht mehr aus. Hier bleibt der Spalt offen und wird jetzt breiter.
Die Insekten kommen in Massen auf mich zu. Ich habe mir geschworen, kein Tier mehr zu töten, sei es noch so klein und ekelhaft. Aber jetzt, in diesem Augenblick, trete ich doch zu. Es sind Panik und Ekel, die mich leiten, und nur schemenhaft nehme ich wahr, dass jede zertretene Spinne einen stechenden Schmerz in mir auslöst. Die Kobra ist in dieser kurzen Zeit ein großes Stück gewachsen. Ihr Anblick lässt meine Angst überhand nehmen. Ich erwache.
Tagelang herrschen zwei Kräfte in mir, und sie scheinen miteinander zu ringen. Es sind: die ANGST VOR und die SEHNSUCHT NACH dem Dunkel. Ein Teil in mir will in diesem Raum sitzen und EINS mit ihm werden. Ein Teil in mir weiß, dass die Schlange das Licht verkörpert und die Insekten das Dunkel – und dass beides in mir ist und Erlösung sucht.
Nach Tagen schaue ich noch einmal in diesen inneren Raum und - was für ein Anblick! Die Schlange ist inzwischen sehr groß geworden. Das Weiß ihrer Haut leuchtet und schimmert in der grauen Dunkelheit. Sie liegt ringförmig auf dem Boden, und in ihrem Körperring liegt zusammengerollt ein kleines schlafendes Mädchen. Eine Stimme sagt: „Drei Tage und drei Nächte schläft das Kind im Ring der Schlange. Dann wird es erwachen.“
Der Boden ist schwarz von Insekten, die über die Schlange und das Kind hinwegkrabbeln und doch ihre Körper nicht berühren. Sie sind offenbar in einer anderen Dimension. Nur für meine Augen scheinen sie im gleichen Raum zu sein.
Ich entscheide mich bewusst, nun in diesen Raum der Angst zu gehen. Im Augenblick dieser Entscheidung fällt mir die Lichtkugel ein, die mir einst ein weißer Skarabäus entgegengerollt hat.
Eine innere Stimme sagt: „Ich bin zu dir gekommen, um empfangen zu werden. Ich gebe mich dir hin. Doch was dir gegeben wird, bedarf des Empfangens durch dich. Empfange bewusst und willentlich!“ Mir wird schlagartig klar, dass ich die Lichtkugel bis heute nicht willentlich empfangen habe, einfach weil ich mich nicht würdig fühlte. Und plötzlich liegt sie in meinen Händen.
Ich gehe barfuß in den Raum hinein. Kein Tier wird von meinen Füßen berührt. Die Kobra und das kleine Mädchen sind verschwunden. Ich bin mit dem Getier meiner dunklen Gefühle und Gedanken allein. Ich setze mich in die Mitte des Raumes auf den Boden, genau dort, wo das kleine Mädchen geschlafen hat. Kein Tier berührt mich. Die Lichtkugel liegt in meinen Händen. Ich lege sie in den Schoß, schließe die Augen und atme tief.
Schließlich öffne ich die Augen und sehe die große, weiße Schlange, die sich um meinen Körper gelegt hat, wie zuvor um den Körper des kleinen Mädchens. Eine entsetzliche Krabbelei wird in meinem Bauch spürbar, als wären alle Spinnen, Ameisen, Skorpione und Asseln nun in meinem Leib. Die Kobra legt ihren Kopf auf meinen Schoß direkt vor meinen Nabel - und ganz langsam, fast bewegungslos dringt sie durch die Bauchdecke in den Innenraum meines Körpers ein, der sich weit öffnet. Alles krabbelnde Getier löst sich auf, verschwindet spurlos.
Langsam steigt die Schlange in meinem Leib hinauf zum Magen und weiter zum Herzen. Mein Leib ist elektrisiert und seine Dichte hört auf zu existieren. Gleichzeitig steigt die Schlange außerhalb des Körpers vor mir auf. Ihr Kopf liegt nun an meiner Brust, ich lege meine Hände darauf und streichle ihn sanft. Die Zärtlichkeit des Anfangs kehrt zurück.
Noch immer wächst sie. Ihr Leib wird dicker und länger und liegt schließlich im zweifachen Ring um meinen Körper. Nun steigt sie an meinem Rücken hoch, gleichzeitig in und hinter meiner Wirbelsäule. Meinen Kopf berührt sie nicht, denn er ist der KOSMOS.
Im Herzraum der Seele
Ich schließe die Augen, atme tief und lasse los, was mein Leben bis heute prägte. Ich öffne mich und lasse alle Ströme frei fließen. Ich entlasse die Dichte meines Körpers, werde leicht und weit. Einfach indem ich es beschließe, geschieht es. Ich öffne mein Herz weit und schlüpfe durch die Muskelwand hindurch ins Innere. Von hier aus ist es nur noch ein Atemzug, ein Schritt durch die Membran, die mich vom Herzraum meiner Seele trennt.
Ich tue diesen einen Schritt - und befinde mich in einem großen, kreisrunden Raum. Zweiunddreißig weiße Lichtsäulen tragen ein kuppelförmiges Dach, in dessen Zenit transzendentes Licht durch eine runde Öffnung strahlt.
Ein Wesen erwartet mich. Es schaut in meine Augen und schweigt. Ich empfange es in meinem Blick und Atem und höre seine Worte in mir: „Finde deine Würde. Sei aufrecht und wahrhaftig. Atme Erhabenheit. Sie liegt in dir. Atme sie wach - Hier und Jetzt in deinem Herzen, in Shambhala - und trage sie zur Erde.
Du bist hier und dort. Du bist Geist und Körper. Du bist Tochter und Sohn, Mutter und Vater, Schwester und Bruder. Du bist schwach und stark, verschlossen und offen. Du bist hart und weich, dunkel und licht.
Mag dies deinem menschlichen Verstand verwirrend erscheinen, so wisse dennoch: Genau hierin liegt deine Stärke, die dir bewusst werden muss, bevor du sie gebrauchen kannst.
Du bist ein Wesen der EINHEIT. Nur dein Körper befindet sich im Reich der ZWEI. Reise zwischen den Welten. Wandere zwischen den Gegensätzen hin und her. Trage das Eine zum Anderen und das Andere zum Einen.
Verbinde die Welten. Verlange nicht das EINE und lehne das ANDERE ab. Dies ist weder deine Absicht noch dein Auftrag. Suche nicht außen, sondern finde in dir selbst.
Wir begleiten dich von unseren Räumen aus, soweit du dies zulässt. Unsere Räume haben sich ausgedehnt. Sie sind überall dort, wo du bist. Bist du hier in Shambhala, in deinem Herzen, halten wir den Schlüssel zu dir in der Hand. Bist du auf Erden in deinem mentalen Alltag, so hältst du den Schlüssel zu uns in deiner Hand. Komme oft in unsere Räume, in dein Herz. Erfrische dich und erstarke.
Du hast uns erlaubt, in dein Erdenleben einzugreifen, und wir haben es getan. Du wirst nun neue Räume erschaffen, neue Wege gehen, neue Strukturen erbauen. Du wirst neue Stufen mit den Menschen betreten, neue Dimensionen auf die Erde bringen. Sei einverstanden mit allem, was ist. Die Zeit ist reif für den nächsten Schritt.
An dieser Stelle frage ich dich - und ich richte die Frage an dein Herz: Bist du bereit, ALLES loszulassen, was dein Erdenleben bis heute prägte? Bist du bereit, BEDINGUNGSLOS zu leben? Bist du bereit, MICH gehen zu lassen? Dann erwarte ich dein JA. Doch vorher gehe in dein geistiges Herz. Dort wartet etwas auf seine Entdeckung.“
Das Wesen schweigt. Und der nächste Atemzug trägt mich durch eine Membran hindurch in eine Raumzeitlosigkeit - den Herzraum des Geistes.
Hier steht ein Kreis von drei mal sieben Lichtwesen - Gestalten, Ausstrahlung und Bewegungen von ätherischer Schönheit. Weibliche und männliche Antlitze sind von goldenen Haaren gerahmt und ihre schlanken, großen Wesen in hellblau fließende Gewänder gehüllt.
Zwischen jeweils sieben von ihnen stehen drei Wesen mit langen, seidig schimmernden schwarzen Haaren. Sie tragen weiße schillernde Gewänder, die mit goldenen Gürteln gehalten sind. Ihre Gesichter sind jung und uralt zugleich, männlich und weiblich, fremd und doch vertraut.
Ein transzendentes Licht geht von ihnen aus, in machtvollen Strahlen gebündelt und gleichzeitig in nebelhaften Schleiern fließend - maskuliner und femininer Lichtgeist.
Ich sitze im Mittelpunkt des Kreises und ihrer aller Augen sind auf mich gerichtet. Wortlose, atmende Stille herrscht. Eine nicht beschreibbare, kühle und unpersönliche Liebe dehnt sich im Raume aus. Ich spüre Festigkeit und unendliches Fließen, Konzentration und unendliche Gelöstheit, Kraft und unendliche Zärtlichkeit. Ich spüre Sein und unendliches Nicht-Sein.
Ich sitze still im Kreise meiner geistigen Brüder und Schwestern, deren Aufmerksamkeit vollkommen auf mich gerichtet ist. Meine Hände liegen im Schoß und halten die weiße Lichtkugel.
Um uns herum herrscht eine tiefe Dunkelheit, die voller Leben und Kraft ist, voller Liebe und Sanftmut. Kuppelförmig wölbt sie sich über uns und strahlt Trost, Geborgenheit und Brillanz aus - hinein in eine zeitlose Zeit in einen raumlosen Raum.
Irgendwo schimmert ein weißer Skarabäus auf, und die Ägypter kommen mir in den Sinn, die Bruderschaft der Elohim. Um mich herum liegt eine weiße Kobra im Ring. Ihr Oberkörper steht aufrecht hinter meiner Wirbelsäule. Ihr Kopf ruht hinter meinem Kopf.
Ein weißer Bischof erscheint. Er reicht mir seinen weißen Stab, der Ähnlichkeit mit der Schlange hat. Ich nehme ihn entgegen. Ja, ich empfange ihn bewusst, willentlich und dankbar, denn ich bin würdig.
Und in dem Augenblick, da ich den Stab in meinen Händen halte, höre ich die Stimme der Kobra tief in mir: „Es ist vollkommen - und erfüllend - für jene Evolution der Erde und der Menschheit, wenn DU FÜR DICH und IN DIR atmest. ATME DICH SELBST! Das ist notwendig und ausreichend. Du musst das Licht nicht weiterlenken. Du musst nichts im Außen tun, denn in deinem Körper ist das ganze Universum anwesend. SEI IN DIR UND ERFÜLLE DICH GANZ MIT DIR SELBST!“
Während ich diese Worte höre,
geschieht etwas Unerwartetes.
Ich hebe die weiße Lichtkugel langsam empor
und setze sie auf meinen Kopf
an die Stelle meines Kopfes -
und mein Körper
dehnt sich
unendlich
aus.
Er ist leer, weit und frei.
geschieht etwas Unerwartetes.
Ich hebe die weiße Lichtkugel langsam empor
und setze sie auf meinen Kopf
an die Stelle meines Kopfes -
und mein Körper
dehnt sich
unendlich
aus.
Er ist leer, weit und frei.
Im Herzraum des Geistes
Vogelgezwitscher dringt von Ferne an mein Ohr, sanfte Düfte wehen herbei, und ich atme tief. Ich bin in einer anderen Welt. Mit Leichtigkeit kann ich hier alles Irdische loslassen.
Ich gehe auf einem Weg zwischen schillernden Steinpfeilern, Pergolen und rankenden Gewächsen voller Blüten. Die Sonne steht hoch am licht-violetten Himmel. Diese Farbe erstaunt und beruhigt mich zugleich.
Ich fühle mich von meinem Leben weit entfernt und doch zuhause. Fremde Düfte und Klänge schweben in ätherischer Leichtigkeit um mich und schließen mein Inneres sanft auf. Mein Herz wird frei.
Zu meinen Füßen liegt ein Weg, der in sanften Kurven eine Anhöhe hinauf zu einer Bergkuppe führt. Ich gehe voller Leichtigkeit und Freude. Und wenn ich auch niemanden sehe, so spüre ich doch, dass geliebte Brüder und Schwestern um mich sind. Sie gehen mit mir und genießen die stille Freude meines Herzens ebenso wie ich.
Auf der Bergkuppe angekommen, schaue ich über das weite Land. Teils hügelig, teils flach erstreckt es sich grün und blühend im Sonnenlicht. Glitzernde Spitzen schneebedeckter Berge in weiter Ferne rahmen es ein. Ich atme tief und nehme alles in mir auf.
Etwas zieht meinen Blick nach unten. Vor meinen Füßen erscheint in unzähligen Regenbogenfarben eine Lichtbrücke, die abwärts ins Land führt. Vorsichtig betrete ich sie, setze einen Schritt vor den anderen. Ja, sie trägt mich. Und so setzt sich mein Weg auf dieser Lichtbrücke fort.
Nach einer Weile schaue ich auf meine Füße und sehe das grüne Land tief unter mir. Ich gehe in der Luft auf einem Regenbogenweg, der mich nach vielen Schritten und Atemzügen an einen klaren See führt.
Der Himmel leuchtet in smaragdgrünem, violettem und weißem Licht. Ich knie am Ufer des Sees und weiß, dass ich das Wasser nicht berühren darf. Mein Blick streichelt zärtlich die silbrig schimmernde Oberfläche. Ich atme tief und ruhe in mir.
Ein Schatten fällt auf mich und das Wasser - ein lichter Schatten. Auf Erden wäre ich aufgesprungen, einen Schlag von hinten befürchtend. Hier bleibe ich sitzen, nehme die noch unbekannte Gegenwart eines Wesens wahr. Mein Herz ist freudig erregt und ich fühle mich sehr geborgen.
Eine Stimme sagt: „Steh auf, mein Bruder.“
„Bin ich Bruder oder Schwester?“, frage ich ohne auf-zublicken. „Nun, du bist beides, das Eine und das Andere, je nach dem Augenblick, in dem du dich befindest.“ Ich stehe auf und schaue einem erhabenen jungen Wesen ins Gesicht. Wir lächeln.
„Erkennst du mich?“, fragt es.
„Nein“, sage ich, „in meinem Gedächtnis sind viele Räume verschlossen, seit ich auf der Erde bin.“
„Das Gedächtnis deines Herzens ist immer offen gewesen“, sagt es lächelnd, „du hast nur verlernt, mit dem Herzen zu denken und dich zu erinnern. Ich bin dein Bruder - und deine Schwester.“
Bei diesen Worten beginnt ein Feuer in mir aufzulodern. Die Erinnerung an meine Familie wird wach und ein Wunsch schießt aus meinem Herzen hervor, eine unbändige Sehnsucht nach dem Vater, nach Maitreya. Ob es mich zu ihm führen kann?
„Er ist hier“, sagt das Wesen, ohne dass ich meine Bitte ausgesprochen habe.
„Und doch sehe ich ihn nicht und höre seine Stimme nicht“, sage ich.
Das Wesen lächelt wieder und sagt: „Es mag sein, dass du ihn mit den Augen und Ohren deines Körpers nicht wahrnimmst. Dennoch ist er hier. Öffne ihm dein Herz und du wirst seine unmittelbare Gegenwart erfahren.“
Ich öffne mein Herz in einem tiefen Atemzug. Ein Lichtschauer durchfährt mich und raubt mir für Sekunden den Boden unter den Füßen. Er steht vor mir. Ein gewaltiges weißes, schillerndes Licht umgibt einen unergründlich tiefen Blick - schwarze Augen, die mich sanft durchdringen und sagen: „ATME MICH.“
Ich atme und verliere mich in mir selbst - in Strömen unendlicher Raumzeiten und Weltenalter. Ich atme, und es atmet mich. ER atmet mich in sein Herz, in das ALLES und das EINE, in das ENDE und den ANFANG.
Atem, Blick, Herzschlag und Worte werden Eins: „So bist du nun hier, Gottessohn und Gottestochter. Und dies ist die Ewige Wahrheit und Wirklichkeit. So ist es, und so wird es immer sein. Du bist aus meiner Liebe geboren und ewig in mir geborgen.“
„Doch auch du, mein geliebtes Kind, bist als Schöpfer ausgezogen, als Mutter und Vater für die Menschheit. Atme MICH in dein Herz, nimm MICH an. Lasse MICH in dir sein. Lasse MICH in dir zur Erde gehen. Lasse uns nun gemeinsam zu jenen zurückkehren, für die du einst alleine ausgezogen bist.“
Er schweigt. In der Stille dieser schweigenden Ewigkeit verändert sich die Umgebung, und eine weite Landschaft öffnet sich. Seine Stimme klingt nun aus einer unendlichen Ferne - und ist doch in meinem Innersten: „Stelle dir die Generationen deiner irdischen Familie wie einen Fluss vor, der hoch oben in den Bergen entspringt und hinab in das Flachland fließt, um sich am Ende in den Ozean der Erde und des Geistes zu ergießen.
An der Quelle sitzt die Ur-Familie deines Körpers, deine irdischen Vorfahren, die vor zweitausend Jahren lebten, zur Zeit Jesu, der die Quellen der Erde gereinigt und belebt hat.
Du siehst, der Lebensfluss windet sich durch steiniges und trockenes Gelände. Bald stürzt er auf die nächst tieferen Ebenen hinab, strömt weiter und folgt seinem Weg in großen Kurven, Schleifen und Verzweigungen. Und an jeder Biegung und Verzweigung sitzt eine Generation deiner irdischen Familie.
Der Fluss kommt schließlich in die Gefilde der Menschen, die das Wasser nutzen wollen und es sperren. Der Flusslauf staut sich, wird schmal und bleibt schließlich stecken. Er wird zu einem Rinnsal. Und die Kraft des Wassers schwindet - umgeben von Sumpf und Trockenheit. Immer mehr verliert der Geist des Wassers seine Macht.
Gesteinsbrocken sammeln sich an einigen Stellen, Versandungen an anderen, und das Land um ihn herum verödet. So sitzt du heute im Flussbett deiner irdischen Familie, und alles um dich herum ist staubig, leblos und dürr.
Deine Kraft und Liebe, mein geliebtes Wesen, liegt nun darin, den Geist des Wassers zu entfesseln und den Fluss des Lebens zu befreien. Indem du das Wasser des Lebens aus der Quelle herabziehst, spülst und reinigst du das Flussbett - und alle Wesen, die darin vertrockneten, werden erneuert und genährt.
Dann wirst du all die Felsbrocken, den Sand und den Staub auf dich nehmen, denn sie strömen dir entgegen. Nimm sie auf dich, mein geliebtes Wesen. Du bist stark und würdig, denn du selbst kommst von der Quelle!“ Maitreya schweigt, und der Raum verändert sich erneut.
Ich stehe jetzt über der Quelle meines irdischen Familienflusses hoch oben in den Bergen. Es ist das Jahr Null. Zwischen meinen Füßen entspringt dem Fels die Quelle des irdischen Wassers - der Beginn meiner Generationenlinie, die Wurzel meines heutigen Lebens.
Aus meinem Herzen strömt das Wasser des Lebens in den Flusslauf. Schillerndes goldweißes Licht der kosmischen Quelle vereinigt sich mit dem frischen und klaren Silberwasser der Erde.
In unendlicher Macht und Zärtlichkeit schießt das Lebenswasser aus meinem Herzen und ergießt sich tosend in die Wüsten der Erde. Mein Blick geht über das Land und folgt dem Flusslauf durch den Raum und die Zeit. Ich sehe das graue Dunkel sich erheben und lichten. Gefangene Wesen und Seelen steigen auf. Das Flussbett weitet sich, die Brocken werden zur Seite geschwemmt. Staub wirbelt auf und Sandbänke werden fortgespült. So siedet und schäumt das silberne Band durch die Landschaften der Fische.
Ich kehre zurück nach AN, in das Land meiner geistigen Familie - nach Shambhala, zwischen den schneebedeckten Bergen. Wieder knie ich an jenem stillen See und alle Schmerzen, die ich von den Menschen mitnahm, strömen nun aus meinem Herzen in das Wasser – ganz leicht und ganz natürlich.
Quelle