″original unverpackt″ – Einkaufen ohne Verpackungen
Ein Supermarkt, in dem man nur die Mengen einkauft, die man auch wirklich braucht und das ganz ohne Verpackungsschnickschnack. Klingt interessant und könnte auch hierzulande bald Realität werden: Drei Freundinnen aus Berlin eröffnen kommendes Jahr den ersten Supermarkt “original unverpackt“, der fast komplett auf Einzelverpackungen verzichtet.
Wie oft kommt es vor, dass man ein neues Kochrezept ausprobieren möchte und dabei ein bestimmtes Gewürz als Zutat benötigt und davon allerdings lediglich ein paar Gramm und nicht gleich die volle Dose braucht? Weiß man, wann und ob man das Gewürz überhaupt noch einmal verwenden möchte, mal davon abgesehen, dass man wieder ein Trumm mehr herumstehen hat. Oder wie sieht es bei Obst und Gemüse aus, das noch zusätzlich in Plastik gehüllt wird? Ein gutes Beispiel ist Müsli: Da hat man einmal die Altpapierschachtel, in der sich dann eine Plastiktüte befindet deren Inhalt das eigentliche Produkt, das Müsli, ist. Daheim ausgepackt, schüttet man das Müsli meist in ein ansehnliches Vorratsglas, da eine Müsliverpackung weniger dekorativ ist. Schade, dass man sein Vorratsglas nicht einfach beim nächsten Einkauf nachfüllen kann. Doch gerade das soll bald keine Wunschvorstellung mehr bleiben. Zumindest 2014, vorerst als Testmarkt, und den Angaben von Mitgründerin Sara Wolf nach, in Berlin Kreuzberg, “da ist das junge kreative Leben, also genau unsere Zielgruppe”.
Die beiden Berlinerinnen, Mediengestalterin und Kommunikationswissenschaftlerin Milena Glimbovski (23), und Sara Wolf (30), Absolventin in Internationalen Beziehungen, hatten die Geschäftsidee zu “original unverpackt”. Ihre Arbeit in der Agentur, in der die beiden Kolleginnen waren, haben Glimbovski und Wolf bereits gekündigt und sich als dritte im Bunde die 26-jährige Sarah Pollinger als Unterstützung in Einkauf und Logistik dazu geholt.
Vorreiter Großbritannien und USA
Auch in anderen Ländern konnte man das Einkaufen ohne Verpackung bereits erfolgreich umsetzen. Um nicht unnötig mehr Müll zu verursachen, bietet seit 2012 ein Supermarkt in Austin/Texas eine Alternative zu den üblichen Supermärkten – in.gerdients heißt der etwas andere Supermarkt. Die Besitzer, die Brüder Christian, Joseph und Patrick Lane, verkaufen nicht nur Produkte ohne Verpackung sondern auch noch ausschließlich solche aus der Region. Mehr dazu seht ihr in folgendem kurzen Video:
Auch in London bietet ein Supermarkt mit dem Namen Unpackaged seine Waren lose an. Von Obst und Gemüse über Grundnahrungsmittel und Backwaren bis hin zu Getränken und Hygieneartikeln kann man dort, wie in jedem andern Supermarkt, das bekommen, was man eben so braucht – nur ohne unnötigen Verpackungsmüll. Die Londonerin Catherine Conway betreibt seit 2007 ihren Lebensmittelladen, den Glimbovski und Wolf vor kurzem besuchten. Wolf sagte gegenüber der “Süddeutschen”: “Wir haben uns mehrere Lebensmittelläden in London angesehen, dort ist die Stimmung ganz anders, viel herzlicher, freundlicher, hilfsbereiter”. So stellen sich die beiden “original unverpackt” auch vor. Ein Treffpunkt, an dem Veranstaltungen und Vorträge über nachhaltiges Leben oder das Einkaufen der Zukunft stattfinden könnten. Hier ein informatives Video über Unpackeged:
Das Konzept
Wie bei den Vorreitern sollen die Kunden auch im “original unverpackt” entsprechende Behältnisse mitbringen, oder sich im Geschäft kaufen oder leihen. Vor dem Einkaufen werden die Behälter gewogen. Die Kunden füllen diese dann mit allem auf, was sie brauchen. Alles Trockene, wie Nudeln, Reis und so weiter, könnten aus “Gravity Bins” rieseln, wie man sie auch in dem Unpackeged-Video sehen kann. Öl und Milch könnten wie in einer Saftbar ausgeschenkt werden. Auch hinsichtlich Fleisch haben sich die Frauen etwas einfallen lassen: “Das würden wir dann umweltschonend verpacken, zum Beispiel in Bienenwachspapier”, sagt Wolf.
Auch die angebotenen Produkte sollen so nachhaltig sein, wie die Idee selbst. Das bedeutet: regionale Herkunft, sowie Fleisch und Milchprodukte in Bio-Qualität. Dabei könnten man sich auch vorstellen, Obst und Gemüse zu verkaufen, das nicht den optischen Standards entspricht und somit den Konsumenten auch hier ein anderes Bewusstsein für Lebensmittel aufzeigt.
Die Kunden sollen preislich nicht mehr ausgeben als sie es in üblichen Supermärkten gewohnt sind. Ob das machbar ist, bei einem solch kleinen Geschäft (– zumindest anfänglich)? Die Bestellungen fallen wesentlich kleiner aus als bei den großen Ketten, was bedeutet, dass die Einkaufspreise viel höher sein werden. Doch die Geschäftsgründerinnen sind zuversichtlich, denn durch das Wegfallen der Kosten für die Verpackung sei es möglich, die Preise auf normalem Niveau zu halten.
Bereits erhaltene Auszeichnungen
Der Eröffnungstermin steht zwar noch nicht fest, doch die drei jungen Damen haben bereits mehrfach Auszeichnungen für ihre Idee erhalten: Beim Businessplan Wettbewerb Berlin-Brandenburg belegten sie den ersten Platz im Bereich “Beste Idee und Marketing” und bekamen den Nachhaltigkeitspreis des Wettbewerbes. Und auch vom Bundeswirtschaftsministerium erhielten sie als einer von 32 “Kultur- und Kreativpiloten Deutschlands” eine Auszeichnung.
Momentan wird noch nach Investoren gesucht. Auch Crowdfunding wäre eine Möglichkeit, um das geschätzte Startkapital von etwa 100.000 Euro zu bekommen. In Deutschland ist das Konzept in der Größe eines Supermarktes neu. Man kann den drei Damen nur viel Erfolg wünschen. Die Idee eines solchen Lebensmittelladens ohne Verpackung klingt jedenfalls äußerst vielversprechend. Es wird weniger Müll anfallen und ebenso weniger Ressourcen verschwendet. Ein moderner Tante-Emma-Laden in “Groß” – man darf gespannt sein. :-)
Quellen: original-unverpackt.de; jetzt.sueddeutsche.de