23.12.2012, 20:17
Je mehr unser Denken und Fühlen auf sexuelle Begierden ausgerichtet und in ihrem Griff sind, desto schwieriger wird es sein, das höchste Potenzial von Bramacharya zu erreichen.
Das bedeutet, dass wir diese Situation, die uns von der Natur gegeben wurde, auf zweierlei Weise nutzen können. Wir können in dem Zustand leben, in den uns die Natur versetzt hat - aber dann kann der Prozess des spirituellen Wachstums nicht beginnen -, oder wir transformieren diesen Zustand.
Die einzige Gefahr auf dem Weg der Transformation besteht in der Möglichkeit, dass wir anfangen gegen unser natürliches Zentrum zu kämpfen. Was ist die wirkliche Gefahr auf dem Weg des Suchers? Das erste Hindernis ist, dass der Sucher, wenn er sich nur dem Genuss der natürlichen Ordnung der Dinge hingibt, nicht zur höchsten Möglichkeit seines physischen Körpers aufsteigt und bereits am Ausgangspunkt stagniert. Auf der einen Seite ist ein Verlangen, auf der anderen Seite ist Unterdrückung, die den Meditierer gegen seinen Sexualtrieb ankämpfen lässt. Das ist das Hindernis beim ersten Chakra. Transformation kann nicht durch Unterdrückung geschehen.
Wenn Unterdrückung also ein Hemmnis ist, worin liegt dann die Lösung? Verstehen wird das Problem lösen. Sobald du beginnst, den Sex zu verstehen, findet eine Transformation im Inneren statt. Das hat seinen Grund. Alle Naturkräfte liegen blind und unbewusst in uns. Wenn sie uns bewusst werden, beginnt die Transformation. Bewusstheit ist die Alchemie, die sie verändert, die sie transformiert. Wenn sich ein Mensch mit all seinen Gefühlen und all seinem Verständnis der sexuellen Begierden bewusst wird, dann wird Bramacharya anstelle von Sex in ihm geboren. Solange ein Mensch nicht Bramacharya in seinem ersten Körper verwirklicht hat, ist es schwierig, an den Entwicklungsmöglichkeiten anderer Zentren zu arbeiten.
Der zweite Körper ist der emotionale oder ätherische Körper. Der zweite Körper ist mit dem zweiten Chakra verbunden - dem Svadhisthan-Chakra. Auch in diesem gibt es zwei Entwicklungsmöglichkeiten. Seine grundlegenden natürlichen Anlagen sind Angst, Hass, Wut und Gewalt. Das sind alles Zustände, die das natürliche Potenzial des Svadhisthan-Chakras ausmachen. Wenn ein Mensch in seinem zweiten Körper stagniert, dann sind die genau entgegengesetzten Zustände der Transformation - Liebe, Mitgefühl, Furchtlosigkeit, Freundlichkeit - nicht möglich. Das Hindernis auf dem Weg des Meditierers im zweiten Chakra sind Hass, Wut und Gewalt und es geht darum, sie zu transformieren. Auch hier wird derselbe Fehler gemacht. Der eine mag Wut freien Lauf lassen, der andere mag seine Wut unterdrücken. Der eine wird einfach Angst haben, der andere wird seine Angst unterdrücken, und so tun, als wäre er sehr mutig. Aber keins von beiden führt zu Transformation. Wenn Angst da ist, muss sie angenommen werden; es ist sinnlos sie zu verleugnen oder zu unterdrücken. Wenn es Gewalt im Innern gibt, dann ist es sinnlos, sie unter dem Mantel der Gewaltlosigkeit zu verbergen. Parolen der Gewaltlosigkeit zu schreien wird den inneren Zustand der Gewalt nicht verändern. Die Gewalt bleibt. Sie ist ein Zustand, der in der Natur des zweiten Körpers liegt. Sie hat ihren Sinn, genau wie Sex einen Sinn hat. Nur durch Sex können andere Körper geboren werden. Bevor ein physischer Körper vergeht, hat die Natur Vorsorge getroffen, dass ein neuer geboren wird.
Angst, Gewalt, Wut, sie alle sind auf der zweiten Ebene notwendig, sonst könnte der Mensch nicht überleben, er könnte sich nicht schützen. Angst schützt ihn, Wut verwickelt ihn in Kämpfe gegen andere und Gewalt hilft ihm sich vor der Gewalt anderer zu retten. All das sind Eigenschaften des zweiten Körpers und sie sind notwendig zum Überleben, aber normalerweise bleiben wir hier stehen und gehen nicht weiter. Wenn ein Mensch die Natur der Angst versteht, erlangt er Furchtlosigkeit, wenn er die Natur der Gewalt versteht, erlangt er Gewaltlosigkeit. Und genauso entwickeln wir die Fähigkeit zu verzeihen, wenn wir Wut verstehen.
In der Tat ist Wut die eine Seite der Medaille, die Bereitschaft zu verzeihen die andere. Die eine verbirgt sich hinter der anderen - aber die Medaille muss herumgedreht werden. Wenn wir die eine Seite der Medaille ganz genau kennen, werden wir natürlich neugierig und wollen wissen, was auf der anderen Seite ist - und so dreht sich die Medaille herum. Wenn wir die Medaille verbergen und so tun, als gäbe es keine Angst, keine Gewalt in uns, werden wir niemals Furchtlosigkeit und Gewaltlosigkeit erfahren. Wer die Gegenwart der Angst in sich akzeptiert und wer sie vollkommen erforscht hat, wird bald herausfinden wollen, was sich hinter der Angst verbirgt. Die Neugier wird ihn ermutigen, die andere Seite der Medaille anzuschauen.
In dem Moment, in dem er sie umdreht, wird er furchtlos. genauso wird sich Gewalt in Mitgefühl verwandeln. Das sind die Möglichkeiten des zweiten Körpers. Auf diese Art und Weise muss der Meditierer eine Transformation der Eigenschaften, die ihm von der Natur gegeben wurden hervorrufen. Um dies in Gang zu setzen, muss er niemand anderen fragen; er muss in sich selbst suchen und forschen. Wir alle wissen, dass Wut und Angst Hindernisse sind - denn wie kann ein Feigling die Wahrheit suchen? Er wird herumlaufen und um die Wahrheit betteln. Er wird sich wünschen, dass ein anderer sie ihm geben möge, ohne dass er sich auf unbekanntes Terrain wagen muss.
Der dritte ist der Astralkörper. Auch er hat zwei Dimensionen. Grundsätzlich geht es im dritten Körper um Zweifel und Denken. Wenn sie transformiert werden, wird Zweifel zu Vertrauen und Denken wird Vivek, Bewusstheit. Wenn Zweifel unterdrückt werden, dann erlangst du niemals shraddha, Vertrauen, obwohl wir gelehrt werden, Zweifel zu unterdrücken und das zu glauben, was wir hören. Wer seine Zweifel unterdrückt, wird niemals Vertrauen können, denn der Zweifel bleibt in den unterdrückten Gedanken gegenwärtig. Er wird sich wie ein Krebs im Inneren ausbreiten und deine Vitalität aufzehren. Aus Furcht vor Skepsis werden dir Glaubenssätze eingetrichtert. Wir werden die Eigenschaft des Zweifels verstehen müssen, wir werden ihn leben und mit ihm gehen müssen. Dann werden wir eines Tages einen Punkt erreichen, an dem wir beginnen, am Zweifel zu zweifeln. In dem Moment, in dem wir anfangen, den Zweifel selbst zu bezweifeln, beginnt Vertrauen.
Wir können kein klares Unterscheidungsvermögen gewinnen, ohne durch den Prozess des Denkens zu gehen. Es gibt Menschen, die nicht denken, und es gibt Menschen, die sie darin ermutigen, nicht zu denken. Sie sagen: "Denke nicht, lass alle Gedanken hinter dir". Wer aufhört zu denken, endet in Unwissenheit und blindem Glauben. Das ist keine Klarheit. Unterscheidungsvermögen gewinnt man nur, wenn man durch die subtilsten Denkprozesse gegangen ist. Was ist die Bedeutung von Vivek, Unterscheidungsvermögen? Zweifel ist in den Gedanken immer vorhanden. Der Verstand ist immer unentschlossen. Deshalb kommen diejenigen, die sehr viel denken, niemals zu einer Entscheidung. Erst wenn sie das Rad der Gedanken durchbrechen, können sie eine Entscheidung treffen. Entschlossenheit kommt aus einem Zustand von Klarheit, der über die Gedanken hinausgeht.
Gedanken haben keine Verbindung zur Entschlossenheit. Wer ständig in Gedanken vertieft ist, kommt zu keinem Entschluss. Deshalb ist es unvermeidlich, dass diejenigen deren Leben weniger von Gedanken beherrscht wird, sehr resolut sind, wohingegen diejenigen, die eine Menge denken, die Bestimmtheit fehlt. In beidem liegt jedoch eine Gefahr. Diejenigen, die nicht denken, gehen einfach drauf los und tun, was sie sich gerade vorgenommen haben, denn sie haben keinen gedanklichen Prozess in sich, der Zweifel hervorruft.
Die Dogmatiker und Fanatiker der Welt sind sehr aktive und energetische Menschen; für sie kommt zweifeln erst gar nicht in Frage - sie denken überhaupt nicht! Wenn sie das Gefühl haben, das Himmelreich zu erlangen, indem sie tausend Menschen töten, dann werden sie nicht eher ruhen, bis sie diese tausend Menschen getötet haben. Sie halten niemals ein, um zu bedenken, was sie tun; daher gibt es von ihrer Seite niemals Unentschlossenheit. Ein denkender Mensch dagegen wird immer weiterdenken, anstatt Entschlüsse zu fassen.
Wenn wir unsere Türen aus Angst vor Gedanken schliessen, wird nur blinder Glaube zurückbleiben. Das ist sehr gefährlich und es ist ein großes Hindernis auf dem Weg des Meditierers. Es werden eine klare Besonnenheit und klare, entschlossene Gedanken gebraucht, die uns Entscheidungen ermöglichen. Das ist die Bedeutung von Vivek: Klarheit, Bewusstheit. Es bedeutet, dass die Kraft des Denkens vollendet ist. Es bedeutet, wir sind so sorgfältig durch die Gedanken gegangen, dass alle Zweifel ausgeräumt wurden. Jetzt bleibt nur reine Entschlossenheit in ihrer Essenz.
Das Chakra, das zum dritten Körper gehört, ist Manipur. Zweifel und Vertrauen sind seine beiden Formen. Wenn Zweifel transformiert wird, entsteht Vertrauen. Aber merkt euch, Vertrauen ist nicht gegen Zweifel und steht auch nicht im Widerspruch dazu. Vertrauen ist die reinste und höchstmögliche Entwicklung des Zweifels. Es ist das äußerste Extrem von Zweifel. Dort verliert sich selbst der Zweifel, denn dort beginnt er an sich selbst zu zweifeln und begeht auf diese Art und Weise Selbstmord. daraus wird Vertrauen geboren.
Die vierte Ebene ist der mentale Körper oder die Seele, und das vierte Chakra, das Anahata, ist mit dem vierten Körper verbunden. Die natürlichen Eigenschaften dieser Ebene sind Vorstellungsvermögen und Träumen. Und das ist, was der Verstand ständig macht: phantasieren und träumen. In der Nacht träumt er und während des Tages hängt er Tagträumen nach. Wenn die Imagination, die Vorstellungskraft, vollständig entwickelt ist, das heißt, wenn sie bis zum äußersten Grad entwickelt ist, dann wird sie zu Bestimmtheit, zu Willen. Wenn sich das Träumen voll entwickelt, verwandelt es sich in Vision - in seelische Vision.
Wenn sich die Fähigkeit des Menschen zu träumen voll entwickelt hat, braucht er nur die Augen zu schließen und er kann Dinge sehen. Dann kann er sogar durch eine Wand sehen. zuerst träumt er nur davon, durch die Wand sehen zu können; später sieht er dann wirklich durch die Wand hindurch. Im Augenblick kann er nur raten, was du denkst, aber nach der Transformation weiß er, was du denkst. Vision bedeutet, Dinge ohne den Gebrauch der üblichen Sinnesorgane hören oder sehen zu können. Für einen Menschen, der eine Vision entwickelt hat, existieren Begrenzungen von Raum und Zeit nicht mehr.
-Osho-
Aus dem "Chakra Buch"
Alle Dinge mußt du suchen, um sie zu finden,
ausgenommen diesen Freund, den du,
ehe du ihn gefunden hast,
nicht suchen wirst. *Rumi (1207 - 1273)
ausgenommen diesen Freund, den du,
ehe du ihn gefunden hast,
nicht suchen wirst. *Rumi (1207 - 1273)