23.07.2013, 18:52
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Hier mal ein Beispiel, wie man, ohne es zu wissen und mit eigentlich guten Absichten, in rechte Kreise und Machenschaften geraten kann und wie sich Esoterik und rechtes Gedankengut eine große Schnittmenge teilen.
In diesem Bericht geht es um das Heart-Culture-Festival, um den Sender Oki-Talk und weitere Akteure sowie deren Äußerungen und Aktivitäten.
Gut, dass sich der Blogbetreiber Clemens ausdrücklich davon distanziert.
http://cgarvay.wordpress.com/2013/07/16/...anzierung/
Zitat:Heart Culture 2013 – Das böse Erwachen
(von Clemens G. Arvay)
Es geht um rechts-extreme Ideologien, antisemitische Tendenzen und braune Esoterik im Zusammenhang mit einem vermeintlich harmlosen Öko-Festival unter dem Zeichen der “Herzkultur”. Ziehen Sie sich für diese Geschichte warm an.
Am 10. Juli 2013 war ich als Vortragender neben anderen Referenten wie beispielsweise dem Permakultur-Autor Sepp Holzer (Krameterhof) beim Heart Culture Festival im Freizeitzentrum Großsteinbach (Steiermark) eingeladen. Lesen Sie hier, wie es dabei zu einem bitterbösen “Erwachen” kam und weshalb ich nun eine scharfe Distanzierung von einem Radiosender namens “Okitalk” vornehme, der rechtsextremes Gedankengut verbreitet. Außerdem distanziere ich mich auch vom Heart Culture Festival und seinen Organisatoren, bis die Vorfälle aufgeklärt sind und eine klare und eindeutige Stellungnahme der Festival-Veranstalter vorliegt.
Als ich die Bühne im Freizeitzentrum Großsteinbach betrat, wurde mir mitgeteilt, dass das fünftägige Heart Culture Festival in diesem Jahr durch den Radiosender “Okitalk” live übertragen und dass Raffael Rechberger als Moderator dieses mir bis dato völlig unbekannten Senders das gesamte Festival moderieren werde – sowohl bei den musikalischen als auch bei den Vortragsveranstaltungen. Der Sender, der sich selbst als “Plattform” bezeichnet, spielte also im Rahmen des gesamten Events eine zentrale Rolle.
Ich hielt meinen Vortrag und verließ die Bühne, ohne mir auch nur einen Teil der weiteren Vorträge anzuhören. Später tätigte der Moderator Raffael Rechberger, der sich öffentlich als Raphael Reichberger bezeichnet, gemeinsam mit einem Vertreter von OPPT auf der Bühne alarmierende Aussagen, die sich über etwa 8 Minuten streckten und die ich nur durch Zufall mitbekam. Diese Aussagen veranlassten mich, umgehend ein Gespräch unter vier Augen mit ihm zu führen. Und dann geschah es: Okitalk-Moderator Raffael Rechberger legte seine hochgradig geschichtsrevisionistische Sicht auf Geschehnisse der Nazi-Zeit offen. Er könne es nicht akzeptieren, sagte er, dass ihm die Gesetzgebung verbiete, sich auf kritische Weise mit der offiziellen Geschichtsschreibung auseinanderzusetzen und sich auf die Suche nach der “Wahrheit” des Holocaust zu begeben.
Ich fühlte, wie mein Pulsschlag sich plötzlich erhöhte. Meine Hände begannen zu zittern. Moderator Raffael fuhr fort und erklärte mir Folgendes:
- Er habe Zweifel daran, dass in den Konzentrationslagern der Nazis Massenmord an der jüdischen Bevölkerung verübt worden sei.
- Die Gebäude seien architektonisch gar nicht dazu geeignet gewesen, Massenvergasungen durchzuführen. Auch die Technik sei dazu nicht in der Lage gewesen und das verwendete Gas weise – so die abstruse Theorie des Moderators – physikochemische Eigenschaften auf, die der Geschichtsschreibung wiedersprächen.
- Auf dieser Basis mutmaßte Moderator Raffael, dass entweder deutlich weniger oder gar keine jüdischen Menschen in den KZs getötet worden, sondern dass sie ins Ausland abgewandert seien.
- Die wahren Hintergründe vermutete er in einer jüdischen Weltverschwörung. Es sei vermutlich darum gegangen, einen zionistischen Staat zu errichten.
In größter Aufregung begab ich mich zu einem der Festival-Veranstalter, im festen Glauben daran, dass man sofort Konsequenzen ziehen werde. Doch ich wurde lediglich beschwichtigt, man wollte die Konfrontation abwenden und das Festival ungestört “über die Bühne” bringen – unter der weiteren Mitwirkung von Okitalk und Raffael Rechberger. Raffael habe sehr viel für das Festival getan und es bestehe kein Handlungsbedarf. Das wollte ich nicht hinnehmen, weshalb ich mich als Außenstehender bei einer Besprechung des gesamten Festival-Teams mitsamt den zahlreichen Helfern in größter Entschlossenheit einmischte, noch immer im festen Glauben, in meinem Widerstand mehrheitlich Unterstützung zu finden.
Doch erneut war ich mit einem harten Erwachen konfrontiert: Von den geschätzten 30-40 Anwesenden wandte sich der größte Teil gänzlich uninteressiert von mir und meinem Anliegen einer klaren Positionierung ab. Nur eine kleine Gruppe von Beobachtern wurde aufmerksam und gesellte sich hinzu, um mir die Stange zu halten. Teammitglieder der Veranstalter und einige der Helfer unternahmen dann größte Mühen, uns von einer weiteren Thematisierung abzuhalten und schlugen sich tendenziell auf die Seite des Okitalk-Moderators Raffael, der seine Thesen vor Zeugen wiederholte. Einige Anwesende beschuldigten uns, “negative Energie auf das Festival zu strahlen”. Ein anderer hielt demonstrativ seine Arme in der Pose eines “Geistheilers” über unsere Köpfe, offenbar in der Absicht, die “schlechten Energien” von uns abzusaugen. Mehrheitlich regte sich nicht der geringste Widerstand gegen die Holocaust-Relativierung. Vielmehr wurden wir immer wieder darüber “informiert”, dass es eben mehrere Sichtweisen auf die Geschichte gäbe. Man dürfe nicht alles glauben, was man in der Schule gelernt habe und was in den Geschichtsbüchern stehe.
Schließlich blieben wir, eine kleine Handvoll außenstehender Personen, schockiert zurück, während das gesamte Heart Culture Team mitsamt den zahlreichen Helfern inklusive dem Okitalk-Moderator anfing, im Kreis zu tanzen und sich in meditative Gesänge zu vertiefen.
Die soeben geschilderten Vorfälle sowie die Aussagen des Raffael Rechberger können durch mehrere Zeugen, deren Namen mir bekannt sind, jederzeit belegt werden. (siehe z.B. Zeugenstellungnahme des Festival-Besuchers Uwe_Sattelkow)
Ich suchte umgehend das Weite und begann eine Internet-Recherche rund um den Radio-Sender Okitalk und die Thematik der braunen Esoterik. Ich registrierte im Internet unzählige Links von einschlägig rechtsradikalen Seiten zum Radiosender Okitalk. Danach begab ich mich auf die Seite des Senders, wo im Live-Stream gerade ein zweistündiger Beitrag eines gewissen Frank Willy Ludwig ausgestrahlt wurde, in dem es unverblümt zur Sache ging:
Gleich am Anfang tat der Sprecher seine Motivation kund. Es gehe ihm darum, auf patriotische Weise “für Volk und Vaterland das Beste” anzustreben. “Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir uns im Krieg befinden”, hieß es, und man solle stets “an den Sieg glauben”. In der Sendung wurden immer wieder rechtsextreme geschichtsrevisionistische Ideologien vertreten. Das “deutsche Volk” stamme außerdem von einer besonderen Hochkultur ab, in der bereits die Vorfahren die Fähigkeiten der Telepathie und der Teleportation besessen hätten, die man aber wieder verloren habe. Kein anderes Volk habe höhere kulturelle Leistungen hervorgebracht, als das deutsche. Die Mitgliedschaft in der NSDAP sei “vielleicht” ein Fehler gewesen, aber die Schuldfrage müsse völlig neu aufgerollt werden. Und dann wortwörtlich: “Ich lasse meine Ahnen nicht mehr verleugnen. Vielleicht haben sie einen Fehler gemacht, dass sie in der NSDAP waren. [...] Aber ich glaube nichts mehr, solange ich es nicht selbst erlebt habe. Solange wir noch nicht komplett ins Herz gekommen sind, sollte man nur noch das glauben, was man selber fühlt”.
Der Sprecher erklärte auch, dass das deutsche Volk ein besonders solidarisches Volk sei (Deutsche helfen Deutschen) und dass es deswegen ja auch hieße: “solid-arisch“.
Die betreffende Radiosendung, in der es auch zur mehrfachen Verherrlichung von Waffengewalt kam, wurde von mir danach aus dem Archiv des Radiosenders Okitalk aufgezeichnet. Sie steht also auch dann noch als Beleg zur Verfügung, wenn der Sender das Archiv nun löschen oder Teile der Sendung herausschneiden bzw. nachträglich manipulieren sollte.
Ich distanziere mich vom Heart Culture Festival und – selbstredend – in aller Deutlichkeit vom Radiosender Okitalk, von Moderator Raffael Rechberger sowie jeglicher rechten Ideologie. Ich entschuldige mich in aller Form bei meinen Leserinnen und Lesern dafür, auf diesem Festival einen Vortrag gehalten zu haben und dabei von Okitalk live übertragen worden zu sein, wobei ich nicht die geringste Ahnung davon hatte, von welchen Ideologien das Event begleitet war. Die zahlreichen ahnungslosen Festival-Gäste und aufgetretenen Künstler haben das Recht, über diese Vorfälle aufgeklärt zu werden. Unter anderem traten auch Künstlerinnen und Künstler aus verschiedenen Ländern und Kontinenten auf, die allesamt nicht das geringste Wissen über diese Hintergründe haben dürften.
Die Veranstalter des Festivals fordere ich auf, nun umgehend und in klaren Worten Stellung zu beziehen, ebenso wie eine deutliche Positionierung zu den Geschehnissen des Holocaust abzugeben.
Clemens G. Arvay,
16. Juli 2013
Vielleicht regt das ja den einen oder anderen zum Nachdenken an.
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Und nicht vergessern: nicht den Troll füttern!