03.12.2013, 21:28
Ganz am Anfang von meiner Zeit als Zenschüler, da hörte ich das erste mal von Meister Dogen dem Begründer der Soto-Zenschule. Meister Dogen war nicht nur ein grosser Meister seiner Zeit, sein Denken ist gerade in der heutigen Zeit, wieder sehr aktuell. Die Texte sind oft sehr klar und voller Weisheit, aber dennoch nicht immer leicht zu verstehen. Das Genjokoan aus dem Shobogenzo ist einer meiner Lieblingstexte, in einer Kurzfassung aus dem Büchlein Die Lehren Buddhas von Jack Kornfield
Die Verwirklichung der Erleuchtung
Da alle Dinge Buddhanatur haben, gibt es Selbsttäuschung und Erkenntnis, Übung, Geburt und Tod sowie Buddhas und fühlende Wesen. Da alle Dinge wesenlos sind, gibt es keine Verblendung, keine Erkenntnis, keinen Buddha, kein fühlendes Wesen, keine Geburt und keinen Tod. Der Buddhaweg besteht im Grunde aus dem Überschreiten des Vielen und des Einen; also gibt es Geburt und Tod, Verblendung und Erkenntnis, fühlende Wesen, und Buddhas. Die Blumen welken trotz unserer Zuneigung, das Unkraut wächst trotz unserer Abneigung
Sich in der Erfahrung der Dinge selbst zu spiegeln ist Verblendung. Dass sich die Dinge offenbaren und von selbst erschliessen, ist Erleuchtung. Diejenigen, die das Wesen der Verblendung erkennen, sind Buddhas; diejenigen die das Wesen der Erkenntnis verkennen, sind fühlende Wesen. Ferner gibt es diejenigen, die jenseits von Erkenntnis erkennen und die durch und durch Verblendeten. Wirkliche Buddhas brauchen nicht zu wissen, dass sie Buddhas sind, den ein wahrhaft erleuchteter Buddha offenbart seine Buddhaschafft im täglichen Leben.
Die Buddhanatur zu studieren , heisst sich selbst zu studieren, Sich selbst zu studieren heisst, sich selbst zu vergessen. Sich selbst zu vergessen heisst, von den zehntausend Dingen erleuchtet zu werden. Wenn die zehntausend Dinge dich erleuchten, fallen Körper und Geist von dir ab, nicht nur bei dir selbst, sondern auch bei allen anderen. Dann bleibt keine Spur von Erleuchtung, während diese sich fortwährend verwirklicht.
Schaust du während einer Bootsfahrt zum Ufer hin, hast du vielleicht den Eindruck, dass sich das Ufer bewegt. Sobald du aber den Blick zum Boot zurück wendest, kannst Du sehen, dass sich das Boot bewegt. So ist es auch möglich, dass du deinen Körper und Geist für unveränderlich hälst, wenn du die Dinge um dich her in einer verwirrten körperlichen und geistigen Verfassung betrachtest. Wenn du durch gründliches Üben zu deinem Ursprung zurückkehrst, wird klar sein, dass nichts in der Welt einen unveränderlichen Wesenskern hat
Zu Asche verbranntes Brennholz wird nie mehr zu Feuerholz werden, Doch halte die Asche nicht für die Zukunft und das Brennholz für die Vergangenheit. Du sollst begreifen, dass Brennholz Brennholz ist, das Vergangenheit und Zukunft gänzlich einschliesst. Genauso wie zu Asche gewordenes Brennholz nie mehr zu Brennholz wird, kehrst du nach dem Tod nicht mehr zur Geburt zurück. Geburt verwandelt sich niemals in Tod, das ist ein fester Bestandteil der Buddhalehre. Folglich wird Geburt auch als “Nicht-Sterben” verstanden. Geburt erklärt sich völlig aus sich selber hervor. Sie verhalten sich zu einander wie Winter und Frühling. Nenne weder den Winter Frühlingsanfang noch den Sommer Frühlingsende
Erleuchtung gleicht der Spiegelung des Mondes auf dem Wasser. Weder wird der Mond vom Wasser benetzt, noch wird das Wasser vom Mond zerteilt. Obwohl der Mond weiterhin leuchtet, spiegelt er sich sogar in der kleinsten Wasserpfütze. Der ganze Mond und der ganze Himmel spiegeln sich in den Tautropfen im Gras und auch im allerkleinsten Wassertröpfchen. Erleuchtung zerteilt dich nicht, genauso wie der Mond das Wasser nicht zerteilt. Du kannst Erleuchtung nicht aufhalten, genauso wie kein Wassertropfen den Mond am Himmel aufhält. Die Tiefe des Tropfens entspricht der Höhe des Mondes. Jede Spiegelung, ganz unabhängig von ihrer Dauer, offenbart die Unermesslichkeit des Tautrpfens und vergegenwärtigt die Unermesslichkeit des Mondlichts am Himmel.
Sind dein Körper und Geist nur zum Teil vom Dharma erfüllt, glaubst du, das sei schon genug. Erfüllt dich Dharma voll und ganz, begreifst du, dass immer noch etwas fehlt. Zum Beispiel, wen du mit einem Boot aus Meer hinaus fährst, bis weit und breit kein Land mehr in Sicht ist, und in die vier Himmelsrichtungen schaust, sieht das Mehr kreisförmig aus und hat anscheinend keine andere Gestalt. Aber das Mehr ist weder rund noch viereckig; sein Aussehen variiert unendlich. Es gleicht einem Palast. Es gleicht einem Juwel.Es sieht nur aus deiner gegenwärtigen Sicht kreiförmig aus. Dies verhält sich mit allen Dingen.
Obwohl es in der Irdischen Welt und der Welt jenseits aller Bedingungen viele Formen gibt, siehst und begreifst du nur das, was dein geistiges Auge je nach dem Stand deiner Übung erfassen kann. Um die Natur der Dinge an sich zu verstehen, muss dir klar sein, dass Meere und Berge unendlich vielgestaltig sind, auch wenn sie dir rund und Eckig erscheinen und dass es viele andere Welten gibt. Dies ist nicht nur um dich her so, sondern auch direkt unter deinen Füssen oder in einem Wassertropfen.
Ein Fisch schwimmt im Meer und ganz gleich wie weit er schwimmt, er bleibt immer im Wasser. Ein Vogel fliegt durch die Lüfte und ganz gleich wie weit er fliegt, er bleibt immer in der Luft. Fisch und Vogel verlassen niemals ihr Reich. Brauchen sie viel, ist ihr Tätigkeitsbereich gross; brauchen sie wenig, ist auch ihr Tätigkeitsbereich klein. Immer reicht ihnen ihr Spielraum völlig aus und sie gehen ganz in ihrem Reich auf. Verlässt der Vogel die Luft, wird er sofort sterben. Verlässt der Fisch das Wasser, wird er sofort sterben.
Sei dir bewusst, das Wasser, Leben für den Fisch ist und Luft Leben für den Vogel. Ebenso ist der Vogel Leben für die Luft und der Fisch Leben für das Wasser. Der Vogel ist das Leben und der Fisch ist das Leben. Dies könnte man durch viele weitere Beispiele illustrieren. Mit Übung, Erleuchtung und dem Menschen verhält es sich ähnlich wie mit dem Fisch und dem Wasser oder dem Vogel und der Luft.
Versucht der Vogel das Ende seines Reiches zu erreichen, bevor er sich überhaupt darin bewegt hat, wird er weder seinen Weg noch seinen Platz finden. Wenn du deinen Platz dort findest, wo du bist, geschieht Übung und die Erleuchtung verwirklicht sich im täglichen Leben; den der Ort und der Weg sind weder gross noch klein, gehören weder dir noch anderen, sind weder vergangen noch gegenwärtig.
- sie sind was sie sind-
Wenn du so den Buddhaweg übst, begnest du einer Sache und begegnest ihr ganz
– und dein Üben ist immer vollständiges Üben.
Wenn du so den Buddhaweg übst, begnest du einer Sache und begegnest ihr ganz
– und dein Üben ist immer vollständiges Üben.
Quelle:
nach Dogen aus dem Genjo Koan
eine Kurzfassung aus dem Büchlein Die Lehren Buddhas von Jack Kornfield
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QUELLE: http://zentao.wordpress.com/genjo-koan/