Themabewertung:
  • 1 Bewertung(en) - 5 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
My Way
#7
Hallo Mevlana,

wie ich sehe sind wir uns ziemlich ähnlich. Ich bin 19 Jahre alt, türkisch/kurdisch stämmig und habe auch eine lange Erfahrungszeit mit Drogen hinter mir. Genauer genommen mit dem Kiffen. Das Problem ist nicht die Pflanze Cannabis selbst. Es ist eine sehr großartige Heilpflanze, womit man obendrein tiefe, spirituelle Erfahrungen machen kann (insofern man es für diese Zwecke nutzt und nicht nur um sich besser zu fühlen). Doch die heutige Cannabispflanzen werden unter künstlichen Bedingungen gezüchtet und werden durch Kreuzigungen gezielt manipuliert, um mehr Ertrag und THC zu gewinnen.
Desweiteren wird der Missbrauch dieser großartigen Pflanze immer damit gerechtfertigt, dass es natürlich ist. Abgesehen von der künstlichen Züchtung: Es ist offensichtlich, dass hier etwas, was man nicht rechtfertigen kann (nämlich eine Sucht), gerechtfertigt wird. Ich als (täglicher) Kiffer dachte ja genauso. Doch nachdem ich mit Spiritualität in Kontakt trat, wollte ich aufhören damit - und musste feststellen, dass es nicht so einfach ist wie es immer behauptet wird. Natürlich habe ich keinen körperlichen Drang gehabt, aber durchaus ein starkes, psychisches Verlangen (immerhin berauschte ich mich vier Jahre lang so ziemlich jeden Tag). Mein persönliches Problem war, dass ich gegen Ende meiner Kifferkarriere immer nur im Rausch an das Aufhören dachte. Ca. 6 Monate lang dachte ich mir jedes mal, wenn ich im Rausch war, über mein Leben nach (oh ja, dafür ist diese Pflanze wirklich sehr gut geeignet) und jedesmal sagte ich zu mir: "Heute ist es das letzte Mal, ich werde ab heute nie wieder Kiffen!" Doch am nächsten Tag fühlte ich mich immer ziemlich ausgelutscht und suchte ohne nachzudenken den nächsten Rausch. Das ging 6 Monate so, ich war buchstäblich in meine Gedankenmuster gefangen (hat auch etwas damit zutun, dass Dopamin, also die Hormone, die für das Glücklichsein sorgen, durch den Rausch ausgestoßen wird und die Reserven im Gehirn am nächsten Tag ausgeschöpft sind - Der Körper hört auf, selbstständig Dopamin auszustoßen, weil es sich daran gewohnt hat, dass der Ausstoß durch den Rausch induziert wird).

Im Nachhinein fühlt es für mich so an, als ob ich im "normalen" Zustand von meinem Ego beherrscht wurde und während dem Rausch (durch das Anhalten des Gedankenstroms) mein Bewusstsein zum Vorschein trat. Im normalem Zustand war ich stets agressiv, schlecht gelaunt etc, doch sobald ich berauscht war, wurde ich buchstäblich ein ganz anderer, sehr liebevoller Mensch.

Meine Seele wusste darum, dass ich den starken Wunsch hegte, damit aufzuhören. Doch mein Ego lies es nicht zu, sodass meine Seele mir eine Situation erschaffte, die mir keine andere Möglichkeit mehr bat, damit aufzuhören.

Akzeptiere deine Erfahrungen, egal was du getan oder nicht getan hast. Denn erst durch das Annehmen kannst du dich dazu entscheiden, dich zu verändern. Indem du dir selber Vorwürfe machst, identifizierst du dich mit deiner Vergangenheit. Du bist wie du bist, das kannst du nicht ändern. Du hast getan, was du getan hast, auch das kannst du nicht ändern. Was du ändern kannst, ist, deine Entscheidungen im Hier und Jetzt. Wir tragen keine Verantwortung für das, was geschehen ist. Wir tragen aber durchaus für die Gegenwart Verantwortung.
Egal was andere über dich sagen, verliere nicht deine Mitte und bleibe in der Liebe. Wir sind hier, genau um diese Erfahrungen zu machen, denn nur in der Illusion der Getrenntheit ist die Erfahrung von Leid, Reue usw. möglich.

Wenn du wissen möchtest, wie es bei mir dazu kam, mit dem Kiffen aufzuhören: Da ich Schüler war, fehlte mir oft das Geld, um mir Weed zu beschaffen. Meistens kiffte ich bei anderen Kollegen mit. Es gab aber manchmal Tage, wo wir alle kein Geld hatten. Dann mussten wir Dealer "abziehen". Du weißt bestimmt, was ich damit meine. Da wir eigentlich nicht den Mumm hatten, so etwas zu machen, tranken wir etwas Alkohol, um Emotionen und Angstgefühle zu dämpfen. Auch sicherten wir uns für den Notfall je mit einem Messer ab. Wie besprochen fuhren wir mit der Bahn und liefen zum Treffpunkt. Wir stiegen in das Auto des Dealers ein, fuhren ein Stückchen weiter und der Dealer reichte uns die Tütchen nach hinten (es waren drei Tütchen mit je 2g, da siehst du mal wie verzweifelt und erbärmlich wir waren), wir bedankten uns und stiegen einfach aus. Wir wollten einfach wegrennen doch dann passierte etwas (so wie es das Schicksal will), was wir nicht mit einberechnet hatten: Der Dealer war selber betrunken und da seine Freundin dabei war, wollte er den großen Matcho raushängen lassen. Er ging auf mich los. Ich bekam Panik und zückte mein Messer heraus. Ich sagte ihm er solle sich fern von mir halten, doch er packte das Messer an der Klinge und ich zog es ruckartig zurück. Dabei verletzte ich seine Hand, er fing an heftig zu bluten. Mein Kollege rannte mit den Tütchen davon und ich blieb stehen, weil ich mich bei der Polizei stellen wollte. Der Dealer machte sich einen Verband um die Hand und sagte mir nur: "Bring mit die Tütchen zurück und ich zeige dich nicht an". Einerseits dachte ich mir, was das für einer ist. Ihm ist 6g Marijuhana wichtiger als seine Hand. Andererseits dachte ich mir, dass das sowieso nur leere Drohungen sind, weil er bei der Polizei kaum sagen kann, dass er während eines Drogendeals beklaut und verletzt wurde. Er würde sich selber dadurch in den Fuß schießen. Ich habe es unendlich bereut und habe ab dem Zeitpunkt an nie wieder gekifft und selbst mit Zigaretten aufgehört. Ich habe jeglichen Kontakt zu meine damaligen besten Freunde aufgegeben, denn wäre ich mit ihnen noch in Kontakt geblieben, würde ich ganz sicher wieder lust zum Kiffen bekommen.

Will ich mich hiermit rechtfertigen? Nein. Ich bin mir durchaus bewusst, was da passiert ist. Ich bewerte es aber nicht. Ich sehe es als eine notwendige Erfahrung auf meinem Wege an. Schließlich hat es mir viele positive Dinge beschert. Wie gesagt wollte ich mich sogar am selben Tag bei der Polizei stellen, doch da mein Kollege bereits auf Bewährung war, wäre ich dafür verantwortlich, dass er jahrelang in Gefängnis sitzen muss. Auch wenn das, was wir taten, keinesfalls legitim war, wollte ich es nicht verantworten. Dann passierte nochmal etwas, was ich nicht erwartet hätte. An einem Montag ging ich zu meinem Anwalt und schilderte ihm den Fall. Er sagte mir, dass ich das richtige gedacht hätte und mich stellen solle. Er gab mir einen Tag Bedenkzeit. Am nächsten Morgen kam die Kriminalpolizei und verschleppte mich mit Handschellen. Der Dealer hatte eine Anzeige erstattet und behauptete, wir hätten ihm Geld geklaut. Ich weiß nicht was er sich dabei gedacht hat aber durch die Tatsache, dass ich mich ohnehin stellen wollte und dass er Drogen verkaufen wollte (was durch mehrere Zeugenaussagen nachgewiesen werden konnte), wird seine Strafe höher ausfallen als meine. Du siehst, die Verhandlung steht noch nicht einmal fest, also ist es noch gar nicht so lange her.

Anfangs habe ich den Fehler gemacht, mir selber Vorwürfe zu machen. Dadurch schien mir mein Leben immer unwichtiger zu sein und ich war kurz davor, wieder Drogen zu nehmen. Doch dann hatte ich eine tiefe, mystische Erfahrung. Ich akzeptierte das was geschehen ist und entschied mich dafür, endlich Verantwortung für mein Leben und meine Entscheidungen zu übernehmen. Wenn man das tut, wird man seine Entscheidungen bewusst treffen und nicht aus den unbewussten Gedankenmuster heraus.

Ich schreibe hier so offen darüber, weil mir egal ist, was andere über mich denken. Alle Menschen in meiner Umgebung (wirklich alle) haben von diesem Fall mitbekommen. Sie wissen jedoch nur die halbe Wahrheit, die Eltern des Dealers haben überall erzählt ich hätte ihm Geld geklaut (er wohnt im selben Dorf wie ich). Wie du dir vorstellen kannst bin ich nun in ihren Augen böse und werde es womöglich auch dann sein, wenn ich die größten Wunder vollbringe lach Aber was ist schön Böse? Das Böse ist vergänglich, es ist eine Illusion. Das Böse liegt nur im Auge des Betrachters. Ist Töten böse? Vielen ist es nicht bewusst, dass sie, wenn sie über eine Wiese laufen, dabei mehrere Insekten töten. Wenn sie sich kratzen, töten sie dabei mehrere Zellen. Hat man diese Insekten oder Zellen gefragt, ob sie sterben wollen? Ist jemand, der über eine Wiese läuft, böse? Ich glaube die Frage erübrigt sich. Es ist auch keine Frage der Absicht. Ich kann durchaus verantwortlich für den Tod mehrerer Menschen sein, ohne es beabsichtigt zu haben. Alles Vergängliche (und schließlich alle Formen) ist Illusion. Es gibt Bewusstheit und Unbewusstheit. Keines von beiden ist gut oder böse, das eine ist Ewiglich und das andere Vergänglich. Das Vergängliche ist nicht böse, es ist lediglich eine Erfahrung für das Bewusstsein. Würde das Bewusstsein nicht wollen, dass es keine Kriege gibt, dann würde es keine geben. Wer ist das Bewusstsein? Wir, alle die leben und alles was existiert. Wenn die Menschen wirklich wollten, dass es keine Kriege gibt, gäbe es keine Kriege. Dafür kann man Gott nicht die Schuld geben. Wenn ich all mein Vermögen in einem Casino verzocke, kann ich Gott kaum die Verantwortung dafür geben, dass ich verarmt bin.

Ich sehe, dass das Bewusstsein dieser Illusion ein Ende setzen möchte. Denn das Bewusstsein (der Schöpfer) wird sich immer mehr seiner selbst bewusst. So erging es mir und so ergeht es viele anderer Menschen. Das ist das höchste Ziel, was man im Leben haben kann. Sich seiner selbst bewusst sein. Ist man das, wird man nie wieder unbewusst handeln und stets voller Liebe sein. Denn dann ist man sich bewusst, dass das Liebe der Ursprung allen Seins ist.

Hier für dich:

"Ich war ein verborgener Schatz, und Ich sehnte mich danach erkannt zu werden; also schuf Ich die Welt" (Hadith Kudsi des Propheten Mohammed)
Folgende Wesen haben sich bei Dir bedankt:
Zitieren

{myadvertisements[zone_2]}

Nachrichten in diesem Thema
My Way - von Mevlana - 04.07.2012, 22:12
RE: My Way - von Sharavi - 04.07.2012, 22:40
RE: My Way - von Mevlana - 04.07.2012, 23:20
RE: My Way - von Goldene Erde - 05.07.2012, 10:31
RE: My Way - von Schlesinger - 05.07.2012, 12:39
RE: My Way - von Rosi - 05.07.2012, 14:03
RE: My Way - von Shiyan - 05.07.2012, 18:12
RE: My Way - von Sharavi - 05.07.2012, 19:01
RE: My Way - von Shiyan - 05.07.2012, 21:37
RE: My Way - von Mevlana - 05.07.2012, 20:09
RE: My Way - von Enza - 05.07.2012, 23:59
RE: My Way - von Lebewesen - 08.07.2012, 00:05



Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste