Die Verteidigung einer Illusion

[Shiyan]

Auf das Wahrnehmen ohne zu bewerten geht Eckhart selbst mehrere Male ein, aber hier wollte er, so wie ich das verstanden habe, darauf aufmerksam machen, dass Egos den Unterschied zwischen Meinung und Tatsache nicht ausmachen können. Meinungen werden als Tatsachen angesehen, die zu einem Teil des Selbst wird. Wenn ein Ego die eigene Meinung mit allen möglichen Argumenten rechtfertigt, nimmt er unbewusst an, dass diese Meinung ein Teil von ihm selbst ist. Ist die Meinung bedroht, ist scheinbar das Selbst bedroht - darum versucht das Ego mit allen Mitteln, die eigene Meinung aufrecht zu erhalten.

Meiner Meinung nach ist ein großes Hindernis für die spirituelle Entwicklung eines Menschen, dass das Ego nicht als solches erkannt wird. Es wird fälschlicherweise und unbewusst für das gehalten, wer man ist. Das ist auch bei vielen spirituell interessierten Menschen so. Ich kann das gut erkennen, wenn ich ein "spirituelles Buch" bestellen möchte und in der Rezession eine Kritik zu dem Buch vorhanden ist. Wenn man dann die Kommentare zum Kritik durchliest, handelt es sich hierbei meistens um Antworten, die dazu dienen sollen, den Kritiger fertig zu machen und ihn bloß zu stellen.
Darum sagten und sagen viele spiritullen Lehrer, dass man immer wachsam sein sollte und stets die eigenen Gedanken und Emotionen beobachten sollte. Am kraftvollsten ist das natürlich in alltäglichen Situationen und nicht nur während einer Meditation. So wird man - das Bewusstsein - Herr über die Gedanken. Das zwanghafte Denken hört auf und man kann ohne zu bewerten und im tiefen Gefühle des All-Eins-Seins wahrnehmen.

Liebe Grüße