03.10.2020, 16:14
Eine Katzengeschichte
Ich bin ziemlich dankbar, dass es den Mitgliederblog gibt, wo ich meine Gedanken aufschreiben kann, meine Seite eben...
Mittlerweile bin ich wieder ein wenig gefasst und versuche Erlebtes zu verarbeiten.
Ich bin ja vor einigen Jahren umgezogen, zwei Dörfer weiter in ein freistehendes Haus mit Nebengebäuden, Carport und einem großen Garten.
Mir fiel schon ganz am Anfang auf, dass hier noch mehr Katzen rumlaufen als dort, wo ich vorher wohnte.
Mittlerweile ist es für mich das Dorf der Katzen, unglaublich, aber dennoch verspürte ich den großen Wunsch nach einem vierbeinigen Gefährten, wenn es schon kein Hund sein darf, dann wenigstens ein Kätzchen.
So kam Lieschen in mein Haus, wo sie auch heute noch lebt.
Natürlich war eine Katzenklappe wichtig, denn sie sollte nicht in meiner Abwesendheit draußen oder drinnen sein, sondern frei entscheiden, was sie möchte. Auch wegen der wilden Revierkatzen, die gar nicht nett sind.
Das war dann allerdings für die vielen anderen Katzen ebenfalls sehr interessant wegen des Futters.
Ich kann euch sagen, ich war mehr als nur genervt. Mal von dem Katzengejammer im Haus abgesehen, roch es auch nach den Markierungen fremder unkastrierter Kater.
Also richtete ich am entferntesten Punkt des Grundstückes am Carport einen Fressplatz ein, damit ich am und im Haus etwas Ruhe und gewisse Geruchskomponenten nicht mehr habe.
Klappt auch gut muß ich sagen.
So tauchte auch " Helmchen " irgendwann hier auf, ich glaube, es war ein Kater, ist aber nur eine Vermutung. Ohren schwarz und dazwischen auch mit einem schwarzen Nasenrücken, sah aus, als wenn er/sie einen Helm tragen würde bei einem weißen Fell..
Nur eine von vielen anderen Stromern...
Helmchen war manchmal Monate nicht da, dann mal wieder für ein paar Tage oder ein, zwei Wochen, aber jedoch seit Jahren immer wieder.
Zum Frühling hin sah Helmchen gar nicht mehr gut aus und verschwand wieder.
Und tauchte vor ein paar Tagen wieder auf.
Entzündete Augen, rot, zerpflückte Ohren, blutig und irgendwie auch weniger Ohr war vorhanden.
Ich habe in meinem ganzen Leben , egal wo ich war, auch im Ausland, nie so eine erbarmungswürdig aussehende Katze gesehen.
Der Punkt war erreicht, wo ich nicht mehr wegschauen konnte, aber Handzahm konnte ich sie nicht machen.
So schloß ich mich mit dem Tierheim kurz, was ich machen könne und nahm eine Lebendfalle mit.
Leider war Helmchen unterwegs und ich entschärfte die Lebendfalle zum Abend, stellte Futter rein in der Hoffnung, so könne es funktionieren.
Heute morgen in aller Frühe war es dann soweit und ich hatte Helmchen in der Falle.
Es war wegen des Feiertages eine Odysee der Fahrerei, aber ich habe es hinbekommen, in Zusammenarbeit mit dem Tierheim eine Tierärztin zu bekommen, wo ich mit der Katze hinkonnte.
So sah ich zum ersten Mal auf dem Behandlungstisch die scheue Katze aus direkter Nähe. Es war kein schöner Anblick, ich weiß nicht ob es überhaupt ein Wort dafür gibt... so schlimm...
Ich durfte dann gehen, die Tierärztin durfte mir nichts sagen, mir ist aber klar, das war`s..
Sie meinte nur, die Falle und das Tier würde sie dem Tierheim übergeben, aber ich bin überzeugt, sie hat es erlöst.
Denn ich bin ziemlich lange mit dem Tier durch Celle gefahren und es war ruhig, schon fast apathisch..
........
In Ländern wie Griechenland oder Rumänien um nur ein paar Beispiele zu nennen, kann ich verstehen, dass die Armut für Vernachlässigung sorgt, aber im reichen Deutschland?
Gerade hier im Ort sind die Bauern nicht an der Armutsgrenze lebend, man kennt sich ja im Laufe der Zeit, hier wird aus oder angebaut, ein neues Auto usw usf...
Aber für die Tiere auf dem Hof scheint es nicht zu reichen..
Als ich Anfang Zwanzig meine beiden ersten Katzen hatte, waren Krankheiten wie Katzenaids oder Katzenschnupfen eher die Ausnahme.
In den letzten 15 bis 20 Jahren allerdings ist schon fast von einer Katzenplage zu sprechen, weil es den Leuten shiße egal ist, was mit ihren Tieren passiert.
Ob nun zehn oder mehr Katzen auf dem Hof oder Grundstück, nichts wird getan was eine Kastration oder mal ne Wurmkur angeht. So wird übertragen und ermehrt.
Und so kommt Helmchen ins Spiel und auch andere Tiere...
Katzenaids oder Schnupfen ist schon fast gängig, denn in den letzten Jahren tritt dies verstärkt auf. Auch ich habe Findelkatzen aufgenommen, die das hatten, aber heute bin ich einfach nur geschockt, fassungslos und wütend.
Wer sich Tiere hält, hat Verantwortung damit übernommen.
Heute ist der Punkt erreicht, wo ich überlege, loszuheulen, wütend zu sein oder einfach mich nur hilflos fühle.
Ist ja nicht das erste Mal, aber heute reicht es einfach.
Ich weiß nicht, wie ich diesen verwahrlosten und erbärmlichen Anblick aus dem Kopf bekommen kann und das inmitten der sogenannten Mittelschicht, der es nach wie vor nicht schlecht geht, auch wenn es immer eine Meßlatte nach oben gibt.
Natürlich habe ich im Laufe der Monate nachgefragt, wo diese oder jene Katze hingehören könnte, aber Helmchen scheint aus dem Nichts aufgetaucht zu sein- son Quatsch....
Die fühlen sich dort, wo sie herkommen nicht mehr wohl und stromern in der Gegend rum und schauen nach einem neuen Plätzchen.
So auch Anfang Mai, wo ein weiteres halbes Portiönchen auftauchte. Mager,scheu, verschreckt, mit entzündeten roten Augen..
Ich dachte nur, oh nein nicht noch eine weitere wilde Katze, aber Willy lag dann auf dem Bett- heimlich natürlich und benutze das Katzenklo. Im Laufe der Monate ist er zutraulich geworden und ich weiß sogar, wo er sich vorher aufhielt. So hoffe ich, ich kann ihn irgendwann auf den Arm nehmen und zum Tierarzt bringen für ein Durchchecken. Denn länger anfassen ist immer noch so ne Sache... Er ist allerdings kastriert, tätowiert und hatte eine Grundversorgung... Und liegt gerne auf meinem Bauch oder am Fußende des Bettes...
Für Helmchen ist es wahrscheinlich zu spät, mein Gefühl sagt mir das, denn wilde Katzen über Wochen einsperren , um sie zu behandeln, ist kaum machbar.
Ist ja nur ne Katze und manch einer wird sich fragen , warum mir DAS nahe geht.
Es hat etwas mit Respekt und Achtung vor dem Leben zu tun, dabei geht es nicht ausschließlich um Katzen oder Hunde, sondern darum, wie wir miteinander leben, was uns umgibt, wie wir damit umgehen.
UND es geht nicht darum, dass ich jetzt erst " erwacht " bin in Bezug auf dieses Erlebniss, sondern das Maß ist einfach voll.
Ich bin mit Tieren groß geworden, zwar nicht auf einem bäuerlichen Hof, aber schon von klein auf an.
Es gibt kein Argument für ein dafür oder wider, sondern genug ist genug, auch wenn es sich nur um eine streundende Katze handelt.
Naja, ich bin echt dankbar, dass es sowas wie meine Seite gibt, um das loslassen zu können..
Denn Helmchen steht stellvertretend für alle anderen Tiere da, den es ähnlich schlecht geht, weil Menschen glauben, sie können machen, was sie wollen ohne dass es Konsequenzen hat.
Mit einem lieben Gruß,
nette